Was ist Psychotherapie?
Bevor wir Sie über das Verfahren der Psychotherapie informieren können, sollte feststehen, was überhaupt mit dem Begriff gemeint ist. Wörtlich genommen bedeutet dieser „Behandlung der Seele”. Doch was steckt dahinter? Denn Psychotherapie unterscheidet sich in einigen Punkten von anderen Therapien in der Medizin, weist mit diesen aber auch Gemeinsamkeiten auf.
Psychotherapie ist ein bewusster und geplanter interaktioneller Prozess zur Beeinflussung von Verhaltensstörungen und Leidenszuständen, die in einem Konsensus (möglichst zw. Pat., Therapeut und Bezugsgruppe) für behandlungsbedürftig gehalten werden, mit psychologischen Mitteln (durch Kommunikation), meist verbal aber auch averbal, in Richtung auf ein definiertes, nach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes Ziel (Symptomminimalisierung und/oder Strukturänderung der Persönlichkeit) mittels lehrbarer Techniken auf der Basis einer Theorie des normalen und des pathologischen Verhaltens. (Strotzka, 1974)
Lassen Sie sich von diesem Satz-Ungetüm nicht abschrecken – wir erklären Ihnen alles Wesentliche über Psychotherapie auf dieser Seite in einfacheren Worten.
Das Mittel: Sprache.
Während die Chirurgie mit dem Skalpell arbeitet und die Innere Medizin mit Medikamenten, arbeitet die Psychotherapie mit dem gesprochenen Wort.
Der Rahmen: Beziehung.
Unser Leben besteht aus Beziehungen. Ohne Beziehungen können wir nicht leben. Die therapeutische ist eine ganz besondere Beziehung. Hier begegnen sich zwei Menschen mit einem vereinbarten Ziel und unter vereinbarten Bedingungen in einem strukturierten Setting. Das Setting kann z.B. eine ambulante Praxis sein, in welcher sich Patientin und Psychotherapeutin einmal pro Woche gegenüber sitzen und miteinander arbeiten. Ein anderes Setting kann durch unsere Tagesklinik Phoenixseeklinik gegeben sein, in welcher Sie viermal pro Woche mit Ihrer Bezugstherapeutin bzw. Ihrem Bezugstherapeuten psychotherapeutisch arbeiten.
Die Bedingungen: Wertschätzung, Verschwiegenheit, Professionalität, Freiwilligkeit.
Ohne eine vertrauensvolle und von Wertschätzung getragene Beziehung kann eine Psychotherapie nicht gelingen. Ein weiterer wichtiger Aspekt des Rahmens ist die Schweigepflicht. Diese ermöglicht Ihnen, alles offen zu erzählen. Nur Sie bestimmen, ob eine dritte Person etwas davon erfahren darf, z.B. in Form eines Therapieberichts an die Hausärztin / den Hausarzt. Mit der Approbation als Psychologische oder Ärztliche Psychotherapeutin bzw. Psychologischer oder Ärztlicher Psychotherapeut werden die Kenntnisse und Fertigkeiten, um Psychotherapie gestalten zu können, nachgewiesen. Eine Psychotherapie kann nur freiwillig durchgeführt werden. Ohne ein aktives Einlassen kann die Therapie nicht wirken.
Das Konzept: Vielfalt.
Jede Psychotherapeutin und jeder Psychotherapeut bringt eine Grundorientierung mit. Diese kann man sich wie einen Verstehenshorizont vorstellen oder eine Matrix, in welche das, was in der Therapie geschieht, eingeordnet und in dieser verarbeitet wird. Im Laufe der Psychotherapie kann eine seelische Belastung, die zuvor nicht zu bewältigen war, mit der therapeutischen Hilfe „verdaut” werden.
Die Wirkfaktoren der Psychotherapie
Psychotherapie bieten wir im Rahmen der Tagesklinik-Behandlung bei uns in der Phoenixseeklinik in Dortmund in hoher Frequenz an, das heißt vier Mal pro Woche 50 Minuten.
Hierbei hat jede Psychotherapeutin und jeder Psychotherapeut in unserem Hause eine Grundorientierung. Diese ist in unserem Hause zumeist verhaltenstherapeutisch geprägt.
Wichtig ist uns, nicht dogmatisch zu sein. Denn ein „Schulenstreit“ zwischen den Verfahren ist nicht mehr zeitgemäß, sondern sogar schädlich. Sie als Patientin / Patient dürfen darauf vertrauen, dass unsere Psychotherapie-Verfahren wirksam sind. Darum wenden wir diese in moderner Interpretation an: Wir haben ein großes Repertoire an Perspektiven, Sie zu verstehen, und Methoden, Sie zu behandeln. Hierbei sind viele Kombinationen denkbar, solange diese wissenschaftlich fundiert sind.
Das therapeutische Vorgehen muss sich an allgemeinen Wirkfaktoren messen lassen, nicht an schulenspezifischen Lehrsätzen.
Bedeutende Überlegungen zu diesem Thema hat Klaus Grawe angestellt, der dazu beigetragen hat, die Psychotherapie „von der Konfession zur Profession“ weiterzuentwickeln. Er hat fünf Wirkfaktoren der Psychotherapie herausgefunden, welchen bis heute nicht widersprochen werden kann:
- Therapeutische Beziehung. Hierzu lesen Sie bitte den Abschnitt Der Rahmen: Beziehung.
- Ressourcenaktivierung. Wenn Sie sich in Therapie begeben, fühlen Sie sich vielleicht schwach und unzulänglich. Dies ist im Zustand von Leiden auch nachvollziehbar. Jedoch schlummern in Ihnen jede Menge Fähigkeiten, die aktiviert und entfaltet werden können. Die Ressourcen zum Gesundwerden liegen in Ihnen. Das Glas ist eben nicht nur halb leer, sondern auch halb voll…
- Problemaktualisierung. Hiermit ist gemeint, dass Ihre Schwierigkeiten nicht nur theoretisch besprochen werden sollen, sondern in der Psychotherapie erlebbar werden sollen. Ein Beispiel: Wenn Sie Angst vor dem Verlust Ihrer engsten Bezugspersonen haben, könnte sich diese Angst auch im Hinblick auf Ihre Therapeutin einstellen. In diesem Fall sind die Verlustängste viel besser zu bearbeiten als nur in der distanzierten Besprechung. Andere Möglichkeiten der Problemaktualisierung sind z.B. Imaginationsübungen (also ein intensives Sich-Vorstellen) oder auch das gemeinsame Aufsuchen realer Situationen (Exposition).
- Klärung. Die Frage nach dem Warum zu stellen, ist zutiefst menschlich und zugleich förderlich für das Gelingen der Behandlung. Warum sind wir so geworden, wie wir sind? Welche sind unsere Motive? Was hält unser Erleben und Verhalten aufrecht?
- Bewältigung. Dieser Faktor scheint auf den ersten Blick der wichtigste zu sein, schließlich begibt man sich in die Therapie „um Schwierigkeiten zu bewältigen”. Sind jedoch die vier anderen Wirkfaktoren bereits erfüllt, ist es zur Bewältigung gar nicht mehr weit. Diese kann auf ganz unterschiedliche Weise geschehen – je nach Ansatz.
Wann wird Psychotherapie angewendet?
Die Wirksamkeit verschiedener psychotherapeutischer Verfahren, z.B. der Verhaltenstherapie und der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie, ist wissenschaftlich nachgewiesen. Die Datenlage hinsichtlich der Verhaltenstherapie ist hierbei besonders umfassend und belastbar.
Man wendet die Verhaltenstherapie bei den meisten psychischen Störungen und Belastungen an, z.B. bei Depressionen, Angststörungen, Zwangserkrankungen und Traumafolgestörungen.
Welche Verfahren werden von dem Begriff Psychotherapie umfasst?
Mittlerweile existiert eine Vielzahl psychotherapeutischer Verfahren. In unserem Hause finden Sie vor allem die Grundorientierung Verhaltenstherapie vor.
Im Rahmen der sogenannten “dritten Welle der Verhaltenstherapie” wurde diese um verschiedene Methoden ergänzt. Auch tiefenpsychologische Modelle fließen hierbei ein. Einige haben dies “tiefenpsychologisch denken, verhaltenstherapeutisch handeln” genannt.
Besonders zu nennen sind:
Was ist der Unterschied zwischen einem (jeweils m/w/d) Psychologen, einem Psychologischen oder Ärztlichen Psychotherapeuten, einem Psychiater und einem Psychosomatiker?
Zum Beruf des Psychotherapeuten führen zwei Wege: der eine über das Psychologie- und der zweite über das Medizinstudium.
Nach dem Studium ist der Psychologiestudent Psychologe. In einer mehrjährigen theoretischen und praktischen Weiterbildung erwirbt er die Qualifikation als Psychotherapeut, wird dann approbiert (= staatlich zugelassen) und ist Psychologischer Psychotherapeut.
Ärzte erlangen die Approbation, also ihre staatliche Zulassung, direkt nach dem Studium. Auch sie müssen dann noch eine mehrjährige Weiterbildung absolvieren, um danach eine Facharztprüfung ablegen zu können. Dies kann als Zugangsweg zur Psychotherapie entweder der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie (= Psychiater) oder der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (=Psychosomatiker) sein.
Früher war es möglich, direkt nach dem Medizinstudium eine Psychotherapieausbildung zu beginnen. Diese Ärzte sind dann Ärztliche Psychotherapeuten ohne Facharztbezeichnung. Die einschlägigen Facharztbezeichnungen haben einen großen Überschneidungsbereich. Häufig sind Psychiater eher biologisch orientiert und und Psychosomatiker haben ihren Schwerpunkt oft eher im Bereich der Psychotherapie.