Ketamin
Therapien

Ketamin gegen Depressionen

Wir setzen Ketamin in unserer Partnerklinik in Köln als eine der ersten nicht-universitären psychiatrisch-psychotherapeutischen Einrichtungen in Deutschland seit Januar 2018 in der Behandlung von therapieresistenten Depressionen ein – seit September 2021 auch in Dortmund.

Die häufigsten Fragen zu diesem Thema möchten wir Ihnen gern beantworten.

Wie wirkt Ketamin gegen Depressionen?

Ketamin ist ein seit Langem bekanntes Medikament in der Medizin, das bisher nicht gegen Depressionen eingesetzt wurde. Mittlerweile wird jedoch auch die antidepressive Wirkung des Ketamins beforscht. Der genaue Wirkmechanismus ist unklar, aber wahrscheinlich spielt die Hemmung der NMDA-Rezeptoren in bestimmten Gehirnbereichen eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus wird in Forschungsarbeiten neueren Datums verstärkt auf Stoffwechselbestandteile des Ketamins (z.B. Hydroxynorketamin) und damit verbundene Aktivierung anderer Rezeptoren fokussiert.

Rezeptoren sind Moleküle, die Informationen weitergeben, wenn sie ein Signal empfangen, z.B. wenn sich ein anderes passendes Molekül an sie bindet.

NMDA ist eine Substanz, die im Körper nicht vorkommt, aber im Experiment eben diese Rezeptoren aktivieren kann. Der natürliche Botenstoff, der im Körper an die NMDA-Rezeptoren bindet, ist Glutamat. Ketamin ist die bisher einzige antidepressiv wirksame Substanz, die effektiv in das Glutamat-System des Gehirns eingreift.

Darüber hinaus werden Effekte auf die Organisation verschiedener Hirngebiete und Verbindungen von Nervenzellen (Thema der sogenannten Neuroplastizität) angenommen.

Die Datenlage ist noch nicht ausreichend, um Ketamin zur Behandlung einer Depression zuzulassen. Die Behandlung ist jedoch rechtlich möglich und erfolgt “off-label”. Bei einem Off-Label-Einsatz wird ein Medikament, das bereits für die Behandlung einer Erkrankung zugelassen ist, für die Therapie einer anderen Erkrankung verwendet, für welche aber noch keine Zulassung besteht. In den USA wurde im ersten Quartal 2019 ein Ketamin-Nasenspray zur Behandlung der Depression zugelassen.

Eine sehr gute Wirkung gegen Depressionen wird mittlerweile nicht mehr in Zweifel gezogen, aber hochwertige Studien werden noch benötigt, um die Wirksamkeit genauer zu bestimmen.

Wem bietet die Tagesklinik Phoenixseeklinik in Dortmund die Ketamin-Behandlung an?

Wir bieten Ihnen die Ketamin-Infusionsbehandlung an, wenn Sie bisher nicht ausreichend von Ihren antidepressiven Therapien profitiert oder diese nicht vertragen haben. Unter bestimmten Voraussetzungen spricht man dann von einer “Therapieresistenz”. Dann rechtfertigt sich der Einsatz eines Verfahrens, welches noch nicht zugelassen ist, aber ausreichende Hinweise auf eine gute Wirkung bietet.

Wir bieten Ketamin ausschließlich im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans als eines unter mehreren Verfahren während einer teilstationären Behandlung an.

Im Einzelfall kann die Ketamin-Behandlung auch bei anderen Erkrankungen als der Depression helfen, z.B. bei Angststörungen und Zwangsstörungen und vor allem auch Traumafolgestörungen und Schmerz-Erkrankungen.

Hierzu beraten wir Sie gern individuell.

Wie läuft die Ketamin-Infusionsbehandlung ab?

Natürlich werden Sie von uns ausführlich aufgeklärt. Ist die Indikation für eine Ketamin-Infusionsbehandlung gestellt, überprüfen wir als nächstes, wie Ihre Risikokonstellation im Hinblick auf die Infusion einzuschätzen ist. Hierzu untersuchen wir Sie ausführlich körperlich, messen Größe, Gewicht, Blutdruck, leiten ein EKG ab und stellen Sie – falls nötig – bei einem Kardiologen vor, um Risiken auszuschließen. In bestimmten Fällen stellen wir Sie auch einem Augenarzt vor, bevor Sie die Infusionen erhalten können. Die meisten Konsile können bei uns im Ärztehaus am Phoenixsee direkt vor Ort vorgenommen werden.

Vor der Infusion legen wir Ihnen einige “Kabel” an, um verschiedene Körperfunktionen während der Infusion überwachen zu können. Hierzu zählen EKG, Pulsoxymetrie (misst die Sauerstoffsättigung im Blut), Atemfrequenz und regelmäßige Blutdruckmessungen.

Die Infusion bereiten wir schon vorher vor. Diese enthält in der Regel 0,5 mg Ketamin pro Kilogramm Körpergewicht in einer gleichmäßigen Infusion durch einen Perfusor über die Dauer von 45 Minuten. Während der Infusion sitzt eine examinierte Krankenschwester bzw. ein examinierter Krankenpfleger permanent neben Ihnen, sodass Sie jederzeit einen Ansprechpartner haben. Der Arzt legt Ihnen vor der Infusion den Zugang, über welchen die Infusion in die Vene gegeben wird, kontrolliert die Infusion und startet sie. Der Arzt hält sich während der Infusion entweder im selben Raum oder in einem Nebenraum auf, sodass er in einem unwahrscheinlichen Notfall in wenigen Sekunden bei Ihnen sein und eingreifen kann.

Nach der Infusion benötigen Sie in der Regel noch ca. eine Stunde, um sich zu regenerieren. In dieser Zeit ziehen Sie sich in einen Ruheraum zurück und legen sich etwas hin. Das Pflegepersonal kümmert sich in dieser Zeit um Sie und sieht regelmäßig nach Ihnen. Am Tag der Infusion dürfen Sie kein Fahrzeug führen und keine Maschinen bedienen.

Die Frequenz der ersten Serie von Ketamin-Infusionen wird individuell vereinbart. Möglich ist eine Serie von sechs Infusionen (1.-3. Infusion in Woche 1 und 4.-6. Infusion in Woche 2) und alternativ eine höhere Frequenz, z.B. eine Serie von zehn Infusionen (1.-5. Infusion in Woche 1 und 6.-10. Infusion in Woche 2).

Bei manchen Patientinnen und Patienten setzt eine Wirkung erst später ein. Einige profitieren gar nicht von den Infusionen. Als Faustformel gilt: Wenn Sie nach der ersten Serie profitiert haben, wird diese in einer individuell festgelegten Erhaltungsbehandlung fortgesetzt – dies kann zunächst eine Infusion pro Woche sein. Das Intervall zwischen den Infusionen wird dann immer weiter ausgedehnt.

Falls Sie nach der ersten Serie nicht profitiert haben, wird diese Therapie zunächst eingestellt.

Wir werden Sie ausführlich beraten, welche Konstellation für Sie die geeignete ist.

Es ist in der Regel möglich, seine regelmäßige Medikation während der Phase der Ketamin-Infusionstherapie fortzusetzen. Nach Möglichkeit sollte jedoch nicht unmittelbar vor der Infusion ein Benzodiazepin (z.B. Lorazepam / Tavor oder Diazepam / Valium) eingenommen werden. Optimal ist eine Einnahmepause von mindestens 24 Stunden vor der Ketamin-Infusion.

Überdies sollte die Aminosäure Homocystein im Blutserum nicht zu hoch konzentriert sein, da sie die Wirkung von Ketamin an dem Rezeptor, an den das Ketamin bindet, möglicherweise stören kann. Da B-Vitamine und Folsäure (insbesondere Vitamin B12) den Homocystein-Spiegel senken können, werden wir Ihnen ggf. solche Vitamine vor der Serie von Ketamin-Infusionen bzw. während der Behandlungszeit verabreichen.

Welche Risiken und Nebenwirkungen gibt es bei einer Ketamin-Behandlung?

Unsere Erfahrung ist, dass Ketamin selbst von körperlich schwer beeinträchtigten Menschen exzellent vertragen wird. Blutdruck und Puls können während der Infusion leicht ansteigen. Zudem erleben einige Menschen während der zweiten Hälfte der Infusion eine sogenannte Derealisation. Das heißt, die Umgebung erscheint unwirklich, “wie im Film”. Auch können leichtere Wahrnehmungsverzerrungen vorkommen. Da permanent eine examinierte Pflegekraft anwesend ist, können Sie Ängste oder Unwohlsein jederzeit äußern. Der Arzt kann jederzeit hinzugezogen werden und ist dann in wenigen Sekunden im Raum.

Im extrem unwahrscheinlichen Falle ernsthafter Nebenwirkungen sind Möglichkeiten zu Intubation und Beatmung sowie Defibrillation und Notfallmedikation in der Phoenixseeklinik vorhanden. Allerdings sei hierzu gesagt: Viele Pharmakotherapien, die den Patientinnen und Patienten in der Psychiatrie zugemutet werden, sind wesentlich nebenwirkungsreicher und mit höheren Gefahren verbunden als eine Ketaminbehandlung. Erkrankungen, die zu Komplikationen während der Ketamin-Infusion führen könnten, z.B. Herzerkrankungen, Bluthochdruck oder Glaukom (“grüner Star”, eine Augenerkrankung), werden vor der Behandlung ausgeschlossen.

Wann kann ich eine Ketamin-Infusionsbehandlung nicht in Anspruch nehmen?
Ketamin wird als “Party-Droge” missbraucht und kann Psychosen (z.B. Wahnvorstellungen und Halluzinationen) auslösen. Daraus ergibt sich, dass diese Behandlungsmethode nicht für Sie geeignet ist, wenn Sie in der Vergangenheit unter psychotischen Symptomen oder einer Abhängigkeitserkrankung gelitten haben.